Als hauptberuflicher Fotograf, der zum einen bekannt für seine Prominentenportraits war, hauptsächlich aber den FC Basel 1893 begleitete und zu seiner Schaffenszeit bei allen Heim- und Auswärtsspielen auf dem halben Globus dabei war, arbeitete Hans-Jürgen Siegert erst die letzten rund 20 Jahre seines Lebens. In dieser Zeit aber war er mit Leib und Seele mit und für Rotblau unterwegs und verhalf den lokalen Zeitungen, vor allem aber den FCB-Prints wie Matchprogramm, Rotblau-Magazin oder der FCB-Website zu reichhaltiger Bebilderung, sei es mit Aufnahmen der Spiele, von Trainingslagern, Portraits von Trainern, Spielern und Vereinsexponenten oder von anderen FCB-Events gewesen. Ein sehr eindrückliches Zeugnis seines Schaffens legte Hans-Jürgen Siegert im Jahr 2007 in einem umfangreichen Bildband ab, der im Friedrich-Reinhardt erschien und neben anderen einige der besten Foto-Portraits von Gigi Oeri oder Christian Gross enthält.
Vor seiner Zeit als Fotograf hatte sich Siegert einen Namen als Künstler, später auch als Galerist und Werbespezialist gemacht. In der Tat findet, wer seinen Namen googelt, noch zahlreiche Zeichnungen, Radierungen und Gemälde, die handwerklich von hoher Qualität und in ihren Motiven ebenso von Siegerts Kreativität, seinem guten Auge und seinem Sinn für eine gewisse Originalität zeugen. Wer Siegerts Bilder betrachtet, staunt, wie der Künstler selbst an sich banale Dinge des Lebens wie ein Holzsteg oder eine Bürste so darzustellen wusste, als stünde der Betrachter vor etwas Grossartigem, Einmaligem, etwas ganz Neuem. Besonders eindrücklich ist auch sein Werk mit dem Titel „Landschaft, so wie ich sie kenne“, auf dem ein Mann von hinten abgebildet ist, auf einer schlichten Bank sitzend in eine wenig anmächelige Landschaft blickend – zweifellos eine Art von Selbstbildnis Siegerts. Einige Werke Siegerts wurden neben anderen von der Kunstsammlung der früheren Nationalversicherung erstanden. „Hans-Jürgen war wirklich ein sehr guter Künstler“, bestätigt der Basler Verleger Alfred Rüedisühli vom Reinhardt Verlag, der Siegert über Jahre zur Seite stand, als der Verstorbene langsam in Vergessenheit und Einsamkeit zu geraten drohte.
Irgendwann begann Siegert, die eigene Malerei in den Hintergrund zu rücken. Vielmehr widmete er sich vermehrt seiner Galerie, in der er zahlreiche durchaus namhafte Künstlerinnen und Künstler betreute. Parallel zur Galerie, die sich zuerst in der Nachbarschaft der Musikakademie und später neben dem Atlantis in Basel befand, betrieb er – ebenfalls mit bemerkenswertem Erfolg – eine kleine Werbeagentur. In dieser Funktion gestaltete er zum Beispiel für die Migros Verpackungen, unter anderem für Biskuits und Schokolade, die als Basis vom Grossverteiler nach wie vor benutzt werden.
Zur Welt kam Hans-Jürgen Siegert am 8. August 1944 und somit in unruhigen Kriegszeiten in Bad Liebenwerda in der Nähe von Leipzig. Seine Mutter war aus Berlin hierhin geflüchtet, sein Vater kam im Krieg ums Leben, sein einziger Bruder, Horst, starb im Kindesalter. Allein diese kurzen, trockenen biografischen Daten lassen vermuten, dass Hans-Jürgen Siegerts Leben nicht nur von „Up’s“ geprägt war, sondern dass er auch einige „Down’s“ erleben und bewältigen musste.
Wie er das tat, ist allerdings beeindruckend. Er kam über Lugano und St. Gallen nach Basel, wo er 1970 an der Kunstgewerbeschule seine Ausbildung zum Grafiker abschloss und damit in seine bereits geschilderte berufliche Laufbahn startete. Nach vielen erfolgreichen Jahren in der Kunst, der Werbung und in der Galerie wurde die zunehmend dominant werdende digitale Internet-Welt für Siegert zu einer Entwicklung, die er nicht gesucht hatte und die ihm nicht in den Kram passte, so dass er sich immer mehr der Fotografie zuwandte und die schliesslich zu seinem Beruf machte, ehe er aus gesundheitlichen Gründen immer kürzer treten und vor wenigen Jahren auch diese Tätigkeit aufgeben musste.
Geblieben ist uns die Erinnerung an einen spannenden, originellen und liebenswerten Menschen, der mit uns vom FCB die letzten rund 20 Jahre eng verbunden war und den wir nicht vergessen werden.
Die öffentliche Abdankung für Hans-Jürgen Siegert findet am Mittwoch, 24. Juli 2019, um 10.30 Uhr auf dem Friedhof Hörnli statt – zu einem Zeitpunkt also, zu dem die erste Mannschaft des FCB auf der Heimreise vom Spiel beim PSV Eindhoven sein wird. Würden wir die Zeit um ein paar Jahre zurückdrehen können, sässe auch Hans-Jürgen in diesem Flugzeug. Stattdessen grüsst er uns nun von noch viel weiter oben, vermutlich noch immer mit seiner unverwechselbaren rosaroten Mütze auf seinem Charakterkopf…
Hans-Jürgen möge in Frieden ruhen, und all jenen, die ihm nahestanden, sei viel Kraft und Trost gewünscht.