Lars Olsen – der Captain des Europameisters im FCB-Dress

Lars Olsen
Dienstag, 15.10.2019 // 13:28 Uhr

Im Sommer 1992 erlebte der dänische Defensivstratege Lars Olsen den Höhepunkt seiner Fussballkarriere: Er durfte als Captain des frischgebackenen Europameisters Dänemark den wertvollen EM-Pokal in die Höhe stemmen. Was er seither erlebt hat und was ihn mit dem FC Basel verbindet, davon berichtet das Porträt über den heutigen Nationalcoach der Färöer Inseln.

Als Spieler feierte Lars Olsen manche Triumphe. Er durfte Pokale bejubeln, vor allem in seiner Heimat Dänemark und später auch in der Türkei. Aber ein denkwürdiger Tag, ein fussballerisches Grossereignis überstrahlt letzten Endes alles – der Finalsieg mit Dänemark gegen Deutschland an der Europameisterschaft, das war der ganz grosse Wurf. Es war die grosse Epoche von „Danish Dynamite“. Die Ausgangslage vor dem Final im Ullevi-Stadion von Göteborg sah zwar aus wie einst bei David gegen Goliath – aber Dänemark schaffte gegen Deutschland vor 37’800 Zuschauern die Sensation.

 

Woran denkt man, wenn man nach einem Kampf auf Biegen und Brechen als Captain den begehrten EM-Pokal entgegennehmen kann? Lars Olsen überlegt. „Das ist ein unbeschreibliches Gefühl. Ich denke, unser Team hat diese schwierige Aufgabe mit Bravour gemeistert und die Leute in Dänemark glücklich gemacht. Ich bin natürlich froh, dass es so gut gelaufen ist an diesem wichtigen Tag – und ich bin stolz über das, was wir im Final als Kollektiv erreicht haben.“

 

Schritt für Schritt

 

Doch gehen wir ganz zurück an die Anfänge. Im zarten Alter von fünf Jahren kam Lars Olsen mit dem Fussball in Kontakt. Bereits ein Jahr später trat er den Junioren von Glostrup IF 32 bei. Glostrup ist rund zehn Kilometer vom Zentrum von Kopenhagen entfernt. Anfangs agierte der grossgewachsene Spieler als Stürmer und erzielte auch viele Tore. Später rückte er ins Mittelfeld. Als 22-jähriger spielte er zum ersten Mal in der Abwehr. Fussball war vor 30 Jahren in Dänemark ein Hobby. Es stand lange nicht so viel Geld auf dem Spiel wie heute. Lars Olsen erinnert sich noch gut daran, wie er seinen ersten Profivertrag bei Köge unterzeichnen konnte. „Ich habe damals 4000 dänische Kronen im Monat verdient, das sind etwa 600 Euro“, rechnet er vor.

 

Schon bald wurden die dänischen Vereine auf ihn aufmerksam. Bröndby Kopenhagen holte ihn an Bord. „Bröndby, das war klar meine beste Zeit im Fussball. Wir waren die Nummer 1 von Dänemark, wir schufen im Europacup grosse Resultate und hatten zahlreiche gute Fussballer in der Mannschaft.“ Jahrelang hielt der begabte Abwehrpatron seinen Gelbblauen die Treue. Zwar hatte er Angebote aus der Bundesliga, unter anderem von Borussia Dortmund mit Trainer Horst Köppel, doch Bröndby forderte zu viel Geld für ihn. Erst später durfte er wechseln. Er ging in die Türkei, zu Trabzonspor A.S., wo er sich finanziell verbessern (Olsen: „Mein bester Vertrag“) konnte. Mit dem türkischen Traditionsclub erreichte er Platz 3 in der Meisterschaft und den Cupsieg. Trotzdem zog es Olsen nach einem Jahr in der Türkei weiter.

 

„Danish Dynamite“

 

Genau in diesen Tagen des Jahres 1992 stand für Lars Olsen statt der wohlverdienten Ferien plötzlich ein grosser internationaler Einsatz auf dem Programm. Dänemark mit Captain Lars Olsen durfte an der Europameisterschaft in letzter Minute für Jugoslawien einspringen. Diese EM-Endrunde entwickelte sich für die Dänen zu einem veritablen Sommermärchen. Dank des 2:0-Siegs über Deutschland durften sich die Rotweissen mit dem Titel Europameister schmücken. In den Gazetten schwärmten sie vom „Danish Dynamite“ – das Bild mit dem strahlenden Lars Olsen und dem EM-Pokal ging um die halbe Welt. Fortan standen den Dänen die Tore zu Ruhm und Geld im Ausland offen. Lars Olsen zog es ebenfalls ins Ausland, er ging allerdings nicht zu einem ganz grossen Club, sondern zum belgischen Zweitdivisionär RFC Seraing. Urbain Braems, der ehemalige Trainer von Trabzonspor, hatte Olsen auf seiner Wunschliste. Doch nach dem Aufstieg und einer guten zweiten Saison mit einem hervorragenden dritten Schlussrang im Championat kam es auch bei Seraing zu finanziellen Engpässen. Schliesslich unterschrieb Lars Olsen beim FC Basel. Er war der erste und bis jetzt einzige Europameister, der je das rotblaue Dress getragen hat.

 

Die FCB-Zeit und ein wichtiges Tor in Luzern

 

In Basel spielte der Däne im Defensivzentrum an der Seite von Leuten wie Massimo Ceccaroni, Samir Tabakovic und Marco Walker oder Davide Orlando. Weitere Mitspieler waren Admir Smajic, Hakan Yakin, Dario Zuffi, Philippe Hertig, Martin Jeitziner, Alex Nyarko, Dominic Moser, Mario Cantaluppi, Alexandre Rey sowie die Goalies Stefan Huber und Thomas Grüter. Mit viel Ruhe und tollem Positionsspiel bewältigte der kopfballstarke Spieler all die Abwehrarbeit, die auf ihn zukam. Mit seiner Erfahrung aus zahlreichen internationalen Spielen leitete er umsichtig die Gegenangriffe ein. In Luzern glückte ihm damals ein wichtiges Tor, welches dem FC Basel den Verbleib in der Nationalliga A ermöglichte. Am Schluss der Saison belegte der FCB Platz 7 in der Finalrunde. Leider verletzte sich Olsen anschliessend und musste in der Folge auf der Ersatzbank Platz nehmen.

 

Als dann Bröndby anklopfte, ob er nochmals in Dänemark eine Saison anhängen wollte, zögerte er nicht. Im Januar 1996 verliess er den FCB trotz eines noch laufenden Vertrags. Der Wechsel lohnte sich für ihn, denn er durfte sich nochmals als dänischer Champion ausrufen lassen. Heute denkt Lars Olsen gerne an Basel zurück: „Ich habe mir viele Champions League- und Europa League-Spiele des FC Basel am Fernsehen angeschaut. Im neuen Stadion war ich bisher noch nicht. Basel ist eine Fussball-Stadt, die Fans waren schon in meiner Zeit fantastisch. Aber wir hatten damals nicht den Erfolg, den der FC Basel heute hat.“

 

Aufbauarbeit auf den Färöern

 

Seit 2011 ist Lars Olsen – als dritter Däne nach Allan Simonsen und Henrik Larsen –Nationaltrainer der Färöer Inseln. Für ihn ist das ein Fulltime-Job. Die meiste Zeit verbringt er in Kopenhagen, an acht bis zehn Tagen pro Monat ist er auf den Färöer Inseln domiziliert. Wenn er dort ist, logiert er im Hotel. Bisher hat er zwei schöne Erfolge erreicht, 2014 und 2015 jeweils gegen Griechenland. Doch seither musste er bei den Färingern wieder viel Aufbauarbeit leisten, da einige Teamstützen wie beispielsweise Frodi Benjaminsen (95 Auftritte im Nationalteam) altershalber zurückgetreten sind.

 

Wie kommt denn das Nationalteam der Färöer Inseln daher, was sind seine Stärken, was seine Schwächen? „Wir müssen uns im Angriff und in der Abwehr noch weiter verbessern“, sagt Lars Olsen mit Nachdruck. „Zwischen den beiden Strafräumen läuft unser Spiel schon sehr gut.“ In der neu initiierten UEFA Nations League spielten die Färinger gemeinsam mit dem Kosovo, Aserbaidschan und Malta in der Gruppe D. Mit dem Abschneiden in dieser Gruppe ist der Däne allerdings nicht ganz zufrieden: „Wir sind enttäuscht über unsere Leistung, aber ich muss sagen, der Kosovo hat ein hervorragendes Team.“

 

Seit kurzem Grossvater

 

Privat läuft es den Olsens gut. „Wir sind seit einem Jahr Grosseltern“, lächelt Lars Olsen. Sein Sohn Ricki Olsen spielte jahrelang ebenfalls Profi-Fussball, zuletzt bei Köge in Dänemark. Er ist kürzlich Vater geworden und wirkt jetzt beim FC Helsingör in der zweiten dänischen Division. Doch Lars Olsen selber ist noch fest im Business drin. Den Umgang mit den Färingischen Zeitungen und Radios beschreibt er als unkompliziert. „Bei uns gibt es nicht viele Journalisten. Bei Pressekonferenzen sind meist nur vier oder fünf Journalisten von den Färöer Inseln anwesend. Statt einer Tageszeitung gibt es ein Internetportal mit den Namen in.fo, das Radio heisst FM1“, berichtet er. In der Schweiz melden sich nach jedem Spiel der Nationalmannschaft bekanntlich scharenweise Ex-Spieler als Experten zu Wort – vor allem dann, wenn ein Match nicht gut gelaufen ist. In diesem Zusammenhang wollten wir natürlich wissen, wie dies in den Färöer Inseln gehandhabt wird und ob sich ehemalige Spieler wie Frodi Benjaminsen, Rogvi Jacobsen und Todi Jonsson ebenfalls in Interviews äussern, wenn es dem Nationalteam nicht ganz wunschgemäss gelaufen ist. Lars Olsen gibt sich auch diesbezüglich ganz entspannt: „Sie melden sich ab und zu, aber nicht so oft. Ich habe damit keine Probleme.“

 

 

 

 

Steckbrief

 

Name: Lars Christian Olsen

 

Geburtsdatum: 2. Februar 1961

 

Vereine:

 

Glostrup IF 32: 1980 - 1981

Köge BK: 1981-1984 

Bröndby IF: 1985-1991

Trabzonspor A.S.: 1991-1992 

R.F.C. Seraing: 1992-1994 

FC Basel 1893: 1994-1996 

Bröndby IF: 1996-1997

 

Erfolge:

  • 7 x dänischer Meister: 1985, 1987, 1988, 1990, 1991, 1996, 1997
  • Dänischer Cupsieger: 1989
  • Dänischer Fussballer des Jahres: 1988
  • Türkischer Cupsieger: 1992
  • Europameister mit dem dänischen Nationalteam: 1992
  • 84 Spiele für das dänische Nationalteam
  • Dänischer Cupsieger 2006 mit Randers FC als Trainer
  • Zahlreiche Europacupspiele mit Bröndby unter anderem gegen Bayer Leverkusen, IFK Göteborg, Honved Budapest und Olympique Marseille.
  • Ein UI-Cup-Spiel mit dem FCB (FCB-Sheffield Wednesday 1:0)

 


​Schwarz-Weiss-Fotos: Stefan Holenstein​

Farbfotos: Keystone

 

Bisher porträtierte Spieler: Pascal Zuberbühler (28. August 2014), Roland Paolucci (3. Oktober 2014), Christian Giménez (29. Dezember 2014), Martin Andermatt (12. Februar 2015), Nestor Subiat (18. März 2015), Erni Maissen (6. Mai 2015), Eigil Nielsen (16. Juli 2015), Maximilian Heidenreich (4. September 2015), André Sitek (13. November 2015), Papa Malick Ba (13. Januar 2016), Bruno Sutter (26. April 2016), Argemiro Veiga (24. Juni 2016), Carlo Porlezza (6. September 2016), Markus Tanner (10. November 2016) und Martin Jeitziner (14. Februar 2017), Attila Sahin (17.April 2017), Hervé Tum (21. Juni 2017), Arthur von Wartburg (7. September 2017), Scott Chipperfield (15. November 2017) und Reto Baumgartner (11. Februar 2018), Walter Mundschin ( 29. März 2018), Thomas Hauser (3. Juni 2018), Stefan Huber (8. August 2018), Adrian Knup (13. Oktober 2018), Alex Nyarko (28. Dezember 2018), Helmut Hauser (28. März 2019), Peter Bernauer (9. Juni 2019) und Marco Zwyssig (21. August 2019).

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