Franco Costanzo – die Ruhe und Zurückhaltung in Person

April
Mittwoch, 22.04.2020 // 14:00 Uhr

Aus Spaniens Primera Division kam Franco Costanzo zu Basel, wo er gleich einen Vierjahresvertrag unterschrieb. Mit den Rotblauen hat er viel erreicht. Dreimal holte er die Schweizer Meisterschaft und dreimal den Schweizer Cup, bevor er seinen Posten als Nr. 1 im Basler Goal an den aufstrebenden Yann Sommer übergab. Seit Ende des letzten Jahres arbeitet Costanzo für den FCB – als Scout für Talente aus Südamerika.

Ein Ausbund an Mitteilungsfreudigkeit ist er nie gewesen. Der Mann scheut das Rampenlicht, Journalisten müssen sich zünftig bemühen, wenn sie mit ihm sprechen wollen. Franco Costanzo hat uns aber anlässlich des Jubiläums-Tags des FC Basel 1893 im Joggeli Red’ und Antwort gestanden.

 

Die Karriere des argentinisch-italienischen Doppelbürgers aus Rio Cuarto (von dort kommt auch Pablo Aimar) begann einst in seiner Heimat, bei River Plate Buenos Aires. Bereits im Jahre 2001 erlebte Costanzo sein Debüt bei River Plate – und etablierte sich als Goalie Nr. 1. Doch dann wurde er von einer Verletzung zurückgeworfen. German Lux (der nach längeren Einsätzen bei Mallorca und La Coruña heute wieder bei River engagiert ist) übernahm für ihn den Posten als Schlussmann bei der, neben den Boca Juniors, wohl berühmtesten argentinischen Mannschaft. Für Franco Costanzo war es Zeit, etwas Neues zu suchen.

 

In Spaniens Elite-Liga gestählt

 

Bei Deportivo Alaves, einer Mannschaft von Spaniens starker Primera Division, sah der junge Mann seine Entwicklungschance. Der Stammgoalie von Alaves war eigentlich Roberto Oscar Bonano, ein erfahrener Mann, der immerhin 13 Länderspiele für Argentinien bestritten hatte. Aber Franco Costanzo erhielt nach drei Runden seine Chance. Er nutzte sie sofort. Trotz seiner blitzschnellen Reflexe, seiner ausgefeilten Technik und seiner Fähigkeit, gut mitzuspielen, vermochte auch er den Abstieg von Alaves nicht zu verhindern. Doch er spielte derart gut, dass die Verantwortlichen des FC Basel, die sich auf Goalie-Suche befanden und unter anderem kurzzeitig auch um Roberto Abbondanzieri von den Boca Juniors gebuhlt hatten, auf ihn aufmerksam wurden. Sie kontaktierten ihn, und siehe da: Es kam zu einem Engagement.

 

In Basel unterschrieb der Mann mit den langen Haaren sogleich einen Vertrag über vier Jahre. Das ist im Fussballgeschäft eine halbe Ewigkeit, wie man weiss. Aber Franco Costanzo war es von Anfang an ernst. Wenn es von beiden Seiten her passt, kann man auch einmal länger an einem Ort bleiben, so lautete seine Devise. Er hielt Wort. Die Transfersumme betrug übrigens 2 Millionen Euro plus Beteiligung bei einem späteren Weitertransfer zu einem neuen Club.

 

Meisterschaften dank solider Abwehr

 

Für den FC Basel war der Transfer von Franco Costanzo ein Glücksfall. Doch ganz zu Beginn seiner Zeit bei Basel vermochten noch nicht alle Beobachter von einem Glücksfall zu sprechen. In seinem ersten Match in St. Gallen unterlief dem neuen Keeper aufgrund der für ihn ungünstigen Sonneneinstrahlung auf dem Platz ein kapitaler Eigenfehler, der zu einem Gegentor und zu katastrophalen Benotungen in den Lokalgazetten führte. Zum Glück durfte er seinen Platz im Basler Goal behalten. Es sollte sich bis Ende der Saison noch lohnen – denn der Mann aus Rio Cuarto steigerte sich gewaltig, im Frühling 2007 blieb er 13 Mal ohne Gegentor.

 

Wie Franco Costanzo seine Position definiert, hat er einmal in einem Interview mit Patrick Künzle in der Basler Zeitung wie folgt auf den Punkt gebracht: „Früher herrschte in Europa die Meinung vor, ein Goalie müsse sein Revier markieren – kämpfen, schreien und den Boss raushängen. Ich denke, du kannst dein Territorium beherrschen und trotzdem relaxed sein. Das ist wohl etwas Südamerikanisches. Hinzu kommt, dass wir uns stets auch als Libero verstehen, als hinterster Mann, der in den Spielaufbau involviert ist. Perfekt ist, wenn du eine Mischung aus dem europäischen und dem südamerikanischen Goalie-Stil findest. Ich selber versuche das.“

 

Erfolg auch dank kompakter Defensive

 

Kontinuierlich gute Resultate haben nicht nur mit einer bärenstarken Offensive, die Tore schiesst, sondern immer auch mit einer sattelfesten Abwehr, die Tore zu verhindern weiss, zu tun. Fangsicher, cool im 1:1 mit gegnerischen Stürmern, kaltblütig in Extremsituationen – dank diesen Stärken spielte sich Franco Costanzo in die Herzen der Basler Fans. Bald kamen für ihn erste internationale Partien hinzu – etwa das beachtliche 0:0 vor 28'000 heissblütigen Fans im Maksimir-Stadion von Zagreb gegen Dinamo Zagreb (mit dem heutigen Real-Madrid-Star Luca Modric und dem heutigen Juventus-Star Mario Mandzukic) am 8. November 2007.

 

Ein knappes Jahr später trat man in der Champions League gegen das grosse Barcelona (mit Ausnahmekönner Lionel Messi) an und verlor mit 0:5. Der knallharte Konter der Basler kam dann im Rückspiel im europaweit gefürchteten Nou Camp am 4. November 2008. Vor 49'000 katalanischen Aficionados und einer stattlichen Zahl von Basler Schlachtenbummlern gelang dem FCB dank einem sehenswerten Treffer von Eren Derdiyok jenes fabelhafte 1:1, welches das stolze Barça (mit Carles Puyol, Andres Iniesta, Xavi Hernandez, Lionel Messi & Co.) auf Normalmass zurechtstutzte und heute noch in goldenen Lettern im FCB-Erinnerungsbuch aufscheint. Ein solches Resultat im Nou Camp hatten vorher und nachher viele der sogenannt ganz Grossen von Europa nicht erreicht. Plötzlich interessierten sich mehrere Clubs für Costanzo ausländische Grossclubs für Costanzo. Napoli wollte ihn haben. Eine Transfersumme von 7,5 Millionen Franken stand im Raum – doch der Deal für einen Wechsel in die Stadt am Vesuv kam nicht zustande.

 

Ganz gerne erinnert sich der Keeper auch an den Match vom 19. Oktober 2010 im Stadio Olimpico in Rom, als es den ganz in Signal-Hellgelb gekleideten Bebbi gelang die AS Roma mit 3:1 zu bezwingen. Auch in diesen denkwürdigen Momenten blieb sich Costanzo stets treu. Er wollte um seine Person kein grosses Aufhebens machen. Für ihn war es letztendlich normal, dass man als Golero gemeinsam mit seiner Abwehrkette stets versucht das Beste zu geben.

 

Wunderbare Cupfinals mit klaren Resultaten

 

Natürlich wollte Franco Costanzo mit seinem FCB auch im Schweizer Cup für Furore sorgen. Zuerst 2006/07 bekam man nach fehlerlosem Lauf durch die verschiedenen Vorrunden den FC Luzern vorgesetzt. Im Final vom 28. Mai 2007 vor 30'000 Personen im ausverkauften Stade de Suisse behielten die mit Daniel Majstorovic, Ivan Rakitic, Ivan Ergic, Scott Chipperfield, Felipe Caicedo, Eren Derdiyok und Mladen Petric angetretenen Basler das bessere Ende für sich. Costanzo konnte aus der Distanz zusehen, wie Scott Chipperfield kurz vor Schluss von Keeper David Zibung gefoult wurde. Vom Punkt aus behielt damals Majstorovic die Nerven – 1:0 für Basel hiess es am Schluss. Eine überaus witzige Episode trug sich am Rande des Finals zu: Costanzo liess sich nämlich in seiner Siegesfreude den ganzen Schädel kahl rasieren und trat dann mit einem FCB-Turban zur Siegesfeier auf dem Stadtcasino-Balkon an.

 

Auch ein Jahr später, am 6. April 2008, standen die Rotblauen wieder im Endspiel. 33'000 Fans im ausverkauften St. Jakob-Park waren Zeugen eines zuerst hart umkämpften Spiels mit einem aber letztendlich doch sehr deutlichem Schlussresultat zugunsten von Basel. 4:1 bezwang man die AC Bellinzona, die Tore für Basel erzielten Eren Derdiyok, Daniel Majstorovic, Marco Streller und Benjamin Huggel. Costanzo musste allerdings gegen den heute bei Lazio Rom spielenden Senad Lulic (zweimal) und gegen Neri grosse Paraden zeigen und auch sonst zwei, drei heikle Momente überstehen. Die AC Bellinzona wurde inzwischen vom Schweizer Fussballverband wegen finanziellen Schwierigkeiten zwangsrelegiert und figuriert heute leider nicht mehr unter den Nationalliga-Clubs.

 

Was sich zweitet, das drittet sich, besagt ein altes Sprichwort. Und so durfte Franco Costanzo am 9. Mai 2010 noch in einem dritten Cupfinal zwischen den Pfosten stehen und auch gewinnen. Mit dem Traumresultat von 6:0 schickte man vor 30’100 Zuschauern im St. Jakob-Park die welsche Traditionsmannschaft Lausanne-Sport (die ehemaligen «Könige der Nacht») an den Lac Léman zurück. Für die Tore zeichneten Valentin Stocker (zweimal), Xherdan Shaqiri, Jacques Zoua, Scott Chipperfield und Benjamin Huggel verantwortlich. „C’était un score sans appel“, wie es auf Französisch so schön heisst. Costanzo erlebte dabei einen ruhigen Abend.

 

Abschied mit einer Standing Ovation

 

Nach all den Triumphen mit den Rotblauen verhandelte Franco Costanzo dann mit der FCB-Vereinsleitung über eine Weiterverpflichtung. In dieser Zeit stand bei Basel ein aufstrebender junger Goalie zur Verfügung – Yann Sommer. Der junge Basler Schlussmann, der zwischendurch auch bei Vaduz und GC gespielt hatte, hatte in Franco Costanzos letzter Saison bei Basel ohne zu klagen die Rolle als Goalie Nr. 2 ausgefüllt, aber alle im Umfeld des FCB spürten: Wenn man Yann Sommer jetzt nicht einsetzt, ist er weg. So kamen die FCB-Oberen und Franco Costanzo überein, den Vertrag nicht mehr zu verlängern. Es wurde ein Abschied mit Pauken und Trompeten. Am 25. Mai 2011 kurz vor 22 Uhr liess sich Franco Costanzo gegen seinen designierten Nachfolger Yann Sommer auswechseln und umarmte ihn ganz herzlich. Entschlossenen Schrittes marschierte er zu den Basler Fans in der Muttenzer Kurve und zeigte sich in einem roten T-Shirt mit der Aufschrift «Dangge Basel». Für ihn und fürs Basler Publikum war es ein hoch emotionaler Moment – denn der Dank war gegenseitig. Der brillante Keeper, der auch in seiner letzten Saison mit den Rotblauen Champion wurde, hatte sich die Huldigungen der Fans redlich verdient.

 

Costanzo zog es hernach nach Griechenland zu Olympiacos Piräus und dann nach Südamerika, zu Universidad Catolica in Chile. Später kehrte er mit seiner Familie wieder nach Basel zurück und bestritt noch einige Plausch-Partien mit dem FC Dornach. Auch beim grossen Ehemaligen-Tag anlässlich des FCB-Jubiläums im St. Jakob-Park war er mit dabei. Heute residieren der FCB-Argentinier und seine Familie wieder in Basel. Franco Costanzo arbeitet neu bei Ruedi Zbinden im Scouting-Team des FC Basel und stellt in dieser Funktion Kontakte zu Club-Exponenten und Spielern aus Südamerika her. „Der FCB war und ist ein ganz besonderer Teil meines Lebens. Ich freue mich, dass ich dem Club nach meiner tollen Aktivzeit wieder etwas zurückgeben kann“, betonte er bei seiner offiziellen Vorstellung.         

 

 

 

Steckbrief:

 

Name: Franco Costanzo Geymonat

 

Geburtsdatum: 5. September 1980

 

Position: Torhüter

 

Vereine:

 

 

Juniorenzeit: Estudiantes Rio Cuarto

River Plate Buenos Aires 1998-2005

CD Alaves: 2005-2006

FC Basel 1893: 2005-2006

Olympiakos Piräus: 2011-2012

Universidad Catolica: 2013-2017

 

 

Erfolge:

 

 

Gewinn der Clausura 2002, Clausura 2003 und Clausura 2004 mit River Plate

Schweizer Meister 2007/2008, 2009/2010, 2010/2011 mit dem FCB

Schweizer Cupsieger 2006/2007, 2007/2008, 2009/2010 mit dem FCB

Griechischer Meister 2011/2012 mit Olympiakos Piräus

Griechischer Cupsieger 2011/2012 mit Olympiakos Piräus

Clausura 2015/2016 und Apertura 2016/2017 mit Universidad Catolica

Supercopa de Chile 2016 mit Universidad Catolica

 

 

Ausgewählte Resultate in der UEFA Champions League und in der UEFA Europa League mit dem FCB: FCB-Feyenoord Rotterdam 1:1, FCB-AS Nancy-Lorraine 2:2, FCB-SV Mattersburg 2:1, SV Mattersburg-FCB 0:4, FCB-Stade Rennais 1:0, Dinamo Zagreb-FCB 0:0, Hamburger SV-FCB 1:1, IFK Göteborg-FCB 1:1, FCB-IFK Göteborg 4:2, Vitoria Guimaraes-FCB 0:0, FCB-Vitoria Guimaraes 2:1, FC Barcelona-FCB 1:1, FCB-AS Roma 2:0, CSKA Sofia-FCB 0:2, FCB-CSKA Sofia 3:1, AS Roma-FCB 1:3.

 

 

Ein Einsatz mit der Nationalmannschaft von Argentinien (Sieg gegen Uruguay).

Vier Einsätze mit der U-20 Nationalmannschaft von Argentinien.

 

 

Bisher porträtierte Spieler: Pascal Zuberbühler (28. August 2014), Roland Paolucci (3. Oktober 2014), Christian Giménez (29. Dezember 2014), Martin Andermatt (12. Februar 2015), Nestor Subiat (18. März 2015), Erni Maissen (6. Mai 2015), Eigil Nielsen (16. Juli 2015), Maximilian Heidenreich (4. September 2015), André Sitek (13. November 2015), Papa Malick Ba (13. Januar 2016), Bruno Sutter (26. April 2016), Argemiro Veiga (24. Juni 2016), Carlo Porlezza (6. September 2016), Markus Tanner (10. November 2016) und Martin Jeitziner (14. Februar 2017), Attila Sahin (17.April 2017), Hervé Tum (21. Juni 2017), Arthur von Wartburg (7. September 2017), Scott Chipperfield (15. November 2017) und Reto Baumgartner (11. Februar 2018), Walter Mundschin ( 29. März 2018), Thomas Hauser (3. Juni 2018), Stefan Huber (8. August 2018), Adrian Knup (13. Oktober 2018), Alex Nyarko (28. Dezember 2018), Helmut Hauser (28. März 2019), Peter Bernauer (9. Juni 2019),  Marco Zwyssig (21. August 2019) Lars Olsen (15. Oktober 2019), Ottmar Hitzfeld (16. November 2019) und Thimotée Atouba (30. Januar 2020).

 

Fotos: Sacha Grossenbacher/Josef Zimmermann/freshfocus

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