Admir Smajic – Spieler mit Einsatzwillen und innerem Feuer

Porträt
Dienstag, 26.03.2024 // 17:00 Uhr

In Ex-Jugoslawien, in Bijeljina, ist Admir Smajic aufgewachsen. Mit 15 debütierte er in der ersten Mannschaft seines Heimatorts, dann unterschrieb er bei Partizan Belgrad seinen ersten Profivertrag. Via Neuchâtel Xamax, wo er glorreiche Europacup-Zeiten mitmachte, landete er schliesslich in Basel. Anfänglich war es ein Versuchsballon. Aber dann wurde eine rotblaue Riesen-Geschichte daraus.

Admir Smajic war ein Frühstarter. Sehr früh ging es für ihn los mit dem harten Tagesgeschäft im bezahlten Fussball. Bereits mit 15 Lenzen debütierte er im Fanionteam seines Heimatorts Bijeljina in Bosnien-Herzegowina. Dieses Team würde von der Spielstärke her ungefähr der heutigen Challenge League entsprechen. Mit 17 Jahren ging Smajic zu Partizan Belgrad. Sein erster Kontakt mit der Schweiz erfolgte 1983 bei einem Fussballturnier in Basel. Bayern München und Partizan Belgrad waren als Gäste mit dabei.

Bei Neuchâtel Xamax erlebte Admir Smajic eine wunderschöne Zeit. Aber dann avancierte Basel zu seiner zweiten grossen Liebe.

Volle neun Jahre wirkte der Mittelfeldspieler in der serbischen Hauptstadt. Er wurde dreimal Meister und holte mit seinem Nationalteam 1984 eine Medaille in Los Angeles. «Ich habe mit Dragan Stojkovic (Roter Stern), Srecko Katanec (VfB Stuttgart, Sampdoria Genua), Radmilo Mihajlovic (Bayern München), Darko Pancev (Inter Mailand), Ljubomir Radanovic (Standard Lüttich) und vielen anderen gespielt», erinnert sich Smajic. Doch mit der Zeit wollte er ebenfalls ins Ausland. Da man damals in Ex-Jugoslawien erst mit 28 Jahren einen Auslandtransfer vollziehen durfte, musste er sich ein ganzes Weilchen gedulden, ehe sein Traum wahr werden konnte. 

Xamax statt Florenz

Eines Tages war es dann aber soweit. Die Techniker von Fiorentina, bei welchen Mittelfeldspieler und Weltmeister von 1982 Giancarlo Antognoni nach einer schweren Verletzung am Ende seiner Karriere angelangt war, hatten von Admir Smajics fussballerischen Fähigkeiten Wind bekommen. Sie winkten mit den Banknoten-Bündeln und wollten den technisch begabten Regista in die prächtige Stadt von Ponte Vecchio und Uffizien lotsen. In der Gazzetta dello Sport und im Tuttosport wurde bereits in mit grossen Lettern gespickten Artikeln über Smajic und seinen bevorstehenden Wechsel nach Florenz berichtet. Die in Viola gekleideten Tifosi schwelgten in Vorfreude.

Rotblau sind auch heute noch seine Lieblingsfarben, Basel ist seine Stadt: Admir Smajic. So war er auch beim Meistercorso durch die Basler Innerstadt dabei.

Doch dann kam ihnen jemand zuvor. Gilbert Facchinetti aus der kleinen Schweiz hatte gesprochen und sein Machtwort eingelegt. Der Präsident von Neuchâtel Xamax hatte nämlich ebenfalls ein Auge auf den spielstarken Smajic geworfen. «Es war eine Superofferte, die er mir da auf den Tisch gelegt hat», erinnert sich Smajic heute. «Ich sagte zu, obwohl ich von Xamax vorher noch nie etwas gehört hatte.»

Europacup: Givens, Decastel, Beat Sutter

Am Neuenburgersee stiess Smajic zu einem Starensemble, in welchem Don Givens, Michel Decastel und Beat Sutter als offensive Schaltkreise eine wichtige Rolle spielten. Auch Joël Corminboeuf, Uli Stielike und Heinz Hermann waren an Bord. Im Europacup und auch in der Schweizer Meisterschaft legten die Xamaxiens für den Kanton Neuenburg viel Ehre ein. Fünf volle Jahre blieb der langmähnige Star auf der Maladière und verzückte dort den rotschwarzen Anhang. Dann klopfte eines schönen Tages der FCB an. Basel wollte Admir Smajic und Frédéric Chassot im Duo-Pack engagieren. Der bei den Rotblauen für Transfers verantwortliche Gusti Nussbaumer war bei diesem Wechsel federführend.

Gemeinsam mit Frédéric Chassot stiess Admir Smajic einst von Neuchâtel Xamax zum FCB.

«Für mich ist Gusti eine Kultfigur in Basel und auch in der Schweiz», erklärt der temperamentvolle Smajic. «Ich wollte mir das Angebot anhören. Schliesslich reisten wir alle nach Bern, zur Schlichtungsstelle». Vom FCB waren Gusti Nussbaumer und Mario Cueni mit dabei, von Xamax Gilbert Facchinetti und Monsieur Zen Ruffinen. Nach langem Tauziehen wurden sich die beiden Parteien einig. Admir Smajic und sein Kumpel, der Stürmer Frédéric Chassot, durften ans Rheinknie wechseln. Mitbeteiligt an der ganzen Aktion war auch die Gruppe BSM (Basler Sport Marketing) mit André Bernasconi und Karl Odermatt.

FCB – von zuunterst ganz nach oben

Der FCB muss dem Schweizer Fussballpublikum damals wohl wie ein schlafender Riese vorgekommen sein. Unbeweglich und behäbig fristete er sein Dasein im Unterhaus, in der Nationalliga B. Doch mit diesem geschickt eingefädelten Doppel-Transfer hatten sich die Bebbi urplötzlich wieder nach vorne katapultiert. Tausende von Zuschauern strömten ab diesem Moment wieder bei jedem Match ins Joggeli. Man wollte Smajic, Chassot und Konsorten am Werk sehen. Drei bis vier Monate brauchten die bisherigen und die neuen Basler um sich gegenseitig kennenzulernen. Dann kam der berühmte Stein ins Rollen. Admir Smajic führte gemeinsam mit Örjan Berg im Mittelfeld auf magistrale Art und Weise Regie. Er verteilte Bälle, kämpfte, grätschte, gestikulierte, schrie, und stand auch als Antreiber des Publikums im Einsatz. Wenn der Mann aus Belgrad bei der Eckfahne Unterstützung heischend mit den Händen wehte, dann tobten die Basler Fans: «FCB, FCB», scholl es damals von der Muttenzerkurve bis tief in die Zone des Bahndamms hinein.

Im Schweizer Cup gelang es den Bebbi, das grosse Lausanne-Sports zu eliminieren. Nach dem Match vor 15'850 Fans posierten Admir Smajic mit seiner ältesten Tochter Ela (links) und Dario Zuffi, dem Vater von Luca Zuffi, fürs Erinnerungsalbum.

Rock’n’Roll im Joggeli, lautete fortan die Devise – der FCB mit Stefan Huber, Dario Zuffi, Marco Walker, Örjan Berg, Mario Frick, Massimo Ceccaroni, Mario Cantaluppi und den beiden Zuzügen vom Neuenburgersee punktete mit schöner Regelmässigkeit. Die bedingungslose Grinta, jener Siegeswille, der Berge versetzt, war in Basel lange Zeit fast vergessen gegangen. Jetzt kehrte das Feuer zurück. Der FCB-Funke zündete. Am Ende der Saison 1993/94 wurde unter Cheftrainer Didi Andrey der lang ersehnte Wiederaufstieg in die Nationalliga A Tatsache. Der anschliessende Freudenjubel mit fast schon südländischem FCB-Temperament auf dem Barfüsserplatz ist allen Zeitzeugen ins kollektive Gedächtnis eingraviert. Bis in die frühen Morgenstunden posaunten in der Zone Bodega-Rio Bar-Brauner Mutz freudestrahlende Schlachtenbummler zur Melodie des Gassenhauers «Sierra Madre» die ebenso unvergessliche wie repetitive Baseldytsch-Zeile «Nie me, nie me Nati B» in den Nachthimmel hinaus.  

FCB-Bewährungsprobe im Oberhaus

Ein Jahr nach diesem wunderbaren Erfolg durfte der FCB bald schon international eingreifen. Natürlich war der damalige Wettbewerb noch kein Top-Europacup. Die Basler waren nach ihrer ersten NLA-Saison für den UEFA Intertoto Cup qualifiziert, der ihnen willkommene Spielpraxis und etwas Prämien bescherte. Die Konkurrenten hiessen Sheffield Wednesday (England), Gornik Zabrze (Polen), Karlsruher SC (Deutschland) und Arhus GF (Dänemark) im Sommer 1995 beziehungsweise Schachtjor Donetzk (Ukraine; Smajic war an diesem Match nicht dabei), Antalyaspor (Türkei), Ataka Aura Minsk (Weissrussland) sowie Rotor Wolgograd (Russland) im Sommer 1996. Und die Bebbi taten wacker mit. In Wolgograd verlor der FCB nach heldenhafter Gegenwehr mit 2:3. Davide Orlando und Gaetano Giallanza trafen für Basel. Beide Male hatte Admir Smajic den letzten Pass gegeben. Neben dem spannenden Match bleibt der damaligen FCB-Delegation auch die abenteuerliche Reise in lebhafter Erinnerung.

Smajic traf auch als Trainer noch mehrmals auf den FCB, wie zum Beispiel mit dem Yverdon Sport FC im Cup im Jahr 2003.

In der Folge gings für den FCB zünftig aufwärts, die Zuschauerzahlen im Joggeli nahmen zu. Mit von der Partie war damals auch ein gewisser Hakan Yakin. «Ich hatte immer Freude an ihm, und ich wusste, dass er noch viel mehr kann und eines Tages ganz oben stehen wird», sagt Smajic. Im gleichen Atemzug betont er: «Es ist schade, dass Axel Kruse nicht bei uns geblieben ist. Kruse war ein Top-Spieler mit gutem Charakter. Ihn hätte ich gerne länger beim FCB gesehen.» Aber so ist eben das Fussballgeschäft. Auch Admir Smajic tätigte nach Basel noch einen Wechsel – er ging nach Bern, zu YB. «Als ich mit den Gelbschwarzen zum ersten Mal als Gegner im Joggeli spielen musste, war mir etwas mulmig zumute. Aber die Basler Fans haben mich grossartig empfangen und meinen Namen skandiert. Das werde ich ihnen nie vergessen.»    

Trainer, TV-Experte, Balkan-Scout

Der dreifache Familienvater, der auf seine in der Region lebenden Töchter Ela, Adela und Samra sehr stolz ist, bestritt im Jahre 2000 gegen die FIFA All Stars sein Abschiedsspiel. Mit Hässler, Baggio, Hagi, Lama und Dunga. Heute wohnt er in Yverdon, und der Fussball nimmt in seinem Leben nach wie vor einen wichtigen Stellenwert ein. Eine Zeitlang konnte er seine vielfältigen Erfahrungen auch als Trainer beziehungsweise als Manager weitervermitteln, unter anderem bei YB, Bosnien-Herzegowina U21, Yverdon-Sport, Sion und Sloboda Tuzla.

Basel hat seine ehemalige Nummer 10 auch fest ins Herz geschlossen, wie unter anderem diese Choreo aus derm Jahr 2002 zeigt, in der Admir Smajic in der «FCB-Hall of Fame» zu sehen ist.

Admir Smajic möchte weiterhin im Fussball bleiben. Sein Ziel ist es, als TV-Experte bei Live-Spielen zum Zug zu kommen oder als Balkan-Scout in Slowenien, Kroatien, Serbien und Bosnien-Herzegowina zu wirken. Für welchen Club würde er denn am liebsten als Balkan-Scout im Einsatz stehen? Die Antwort auf diese Frage ist klar: «Natürlich für den FC Basel. Basel und die rotblauen Farben bedeuten mir auch heute noch sehr, sehr viel.»
Das hatte er auch bereits bei seiner letzten Rückkehr im Herbst 2014 als Mitglied des Trainerstaffs des FC Sion bekräftigt:

Sonntag, 26.10.2014

27.10.2014: Interview mit Admir Smajic

Interview mit Admir Smajic nach dem RSL Spiel FC Basel 1893 - FC Sion vom 25.10.2014


Steckbrief

Name: Smajic
Vorname: Admir
Geburtsdatum: 7. September 1963
Nationalität: Bosnier
Position: Mittelfeldspieler

Vereine:

Radnik Bijeljina: bis 1979
FK Partizan: 1979-1988
Neuchâtel Xamax: 1988-1993
FC Basel 1893: 1993-1997
BSC Young Boys: 1997-1999

130 Spiele, 18 Tore für den FCB

Erfolge:

Brozemedaillengewinner an den Olympischen Spielen 1984 in Los Angeles
Dreifacher Jugoslawischer Meister: 1983, 1986, 1987
Aufstieg in die NLA mit dem FCB: 1994

Admir Smajics Leistungsdaten beim FCB: Hier klicken​


Bisher porträtierte Spieler

Pascal Zuberbühler (28. August 2014), Roland Paolucci (3. Oktober 2014), Christian Giménez (29. Dezember 2014), Martin Andermatt (12. Februar 2015), Nestor Subiat (18. März 2015), Erni Maissen (6. Mai 2015), Eigil Nielsen (16. Juli 2015), Maximilian Heidenreich (4. September 2015), André Sitek (13. November 2015), Papa Malick Ba (13. Januar 2016), Bruno Sutter (26. April 2016), Argemiro Veiga (24. Juni 2016), Carlo Porlezza (6. September 2016), Markus Tanner (10. November 2016) und Martin Jeitziner (14. Februar 2017), Attila Sahin (17.April 2017), Hervé Tum (21. Juni 2017), Arthur von Wartburg (7. September 2017), Scott Chipperfield (15. November 2017), Reto Baumgartner (11. Februar 2018), Walter Mundschin ( 29. März 2018), Thomas Hauser (3. Juni 2018), Stefan Huber (8. August 2018), Adrian Knup (13. Oktober 2018), Alex Nyarko (28. Dezember 2018), Helmut Hauser (28. März 2019), Peter Bernauer (9. Juni 2019),  Marco Zwyssig (21. August 2019) Lars Olsen (15. Oktober 2019), Ottmar Hitzfeld (16. November 2019)z, Thimotée Atouba (30. Januar 2020), Franco Costanzo (22. April 2020), Jörg Stohler (16. Juli 2020), Kurt Stettler (9. Oktober 2020), Mike Speidel (29. Dezember 2020), Örjan Berg (15. April 2021), Hakan Yakin (4. Juni 2021), Jean Müller (7. September), Mile Sterjovski (19. November 2021), Behrang Safari (20. Dezember 2021), Peter Marti (16. April 2022), Walter Geisser (6. Juni 2022), Beat Sutter (1. August 2022), René Hasler (27. September 2022), Sèbastien Barberis (7. Dezember 2022), Peter Nadig (31. Dezember 2022), Otto Demarmels (28. März 2023), Mario Frick (18. Juni 2023) Martin Mullis (20. September 2023) und Alfred Lüthi (22. November 2023) und Matías Emilio Delgado (27.12.2023).

Text: Lukas Müller

Fotos: Sacha Grossenbacher und Josef Zimmermann

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