Jahresrückblick mit Cheftrainerin Kim Kulig

Interview
Freitag, 27.12.2024 // 12:00 Uhr

Das Jahr 2024 neigt sich dem Ende zu und das Frauenteam des FC Basel 1893 hat in der Saison 2024/25 nahtlos an die guten Ergebnisse der Vorsaison angeknüpft. Seit eineinhalb Jahren steht Kim Kulig bei den FCB-Frauen an der Seitenlinie und hat massgeblich zur Leistungssteigerung des Teams beigetragen. Was die 34-Jährige für ein Fazit zieht und worauf sie sich im neuen Jahr am meisten freut: hier im Interview.

Beginnen wir von vorne: Die FCB-Frauen hatten durch ihre guten Leistungen in Basel bereits letzte Saison das Träumen von Titeln erlaubt – mussten sich aber sowohl im Cup als auch in den Liga-Playoffs in den Halbfinals geschlagen geben. Was haben diese knappen Niederlagen mit dem Team gemacht?
Ich glaube, grundsätzlich ist es ja so im Leben, dass man aus den Niederlagen am meisten mitnehmen kann. Man kann aufarbeiten, was nicht gut war und warum man es nicht geschafft hat. Allgemein haben wir unsere erste gemeinsame Saison aber sehr gut bestritten und auch direkt die Halbfinals erreicht. Aber wir haben schon gemerkt, dass wir damit noch nicht zufrieden waren. Das Beste ist ja, dass wenn etwas nicht klappt, willst du es umso mehr. Von daher freuen wir uns einfach, dass wir diese Saison wieder die Chance haben erfolgreich zu sein und es ein Stück weit besser zu machen. Wir sind auf einem guten Weg.

Diesen Sommer konnte der Grossteil des Teams zusammengehalten werden. Siehst du, diese Saison eine verstärkte Einheit im Gegensatz zur Vorsaison?
Ich würde schon sagen, dass wir auf diese Saison hin an Qualität gewonnen haben. Was Teamspirit und das Gemeinschaftsgefühl angeht, hatten wir in der letzten Saison bereits gute Voraussetzungen. Diesen Sommer hatten wir dann nicht mehr den ganz grossen Umbruch, sondern haben punktuell Spielerinnen hinzugeholt. Trotzdem war es wieder eine Herausforderung, diese zu integrieren und eine neue Struktur innerhalb des Teams zu bauen. 

Derzeit befindet sich der FCB mit einer Partie weniger und nur zwei Punkten Rückstand auf den Leader auf Tabellenplatz zwei. Wie sehr wurmt euch der Fakt, dass durch die Nachholspielansetzung auf nächstes Jahr, euch die Chance genommen worden ist, an der Tabellenspitze zu überwintern?
Mich persönlich nervt es natürlich schon – es ist bereits die zweite Situation in der aktuellen Saison, in der wir ein Spiel weniger haben, als die vor uns platzierten. Trotzdem gibt’s Dinge, die du nicht ändern kannst. Klar, wäre es unser Ziel gewesen, als Erstplatzierte zu überwintern, aber ich sehe dies als eine weitere Herausforderung, die wir annehmen möchten. Wie bei einigen anderen auch, startet unser Pflichtspieljahr nun eine Woche früher. Aber dies soll uns nicht abbringen von unserem Weg – abgerechnet wird eh am Ende. Ich versuche immer auch die positiven Dinge zu sehen und so können wir zu Hause gegen Thun ins Jahr 2025 starten bevor wir danach auswärts gegen den FCZ spielen. 

Seit Sommer 2023 steht Kim Kulig beim FC Basel 1893 an der Seitenlinie. Zuvor war die Deutsche Cheftrainerin der zweiten Equipe des 1. FFC Frankfurt sowie Co-Trainerin beim VfL Wolfsburg.

Der FCB ist das Team mit den meistgeschossenen Toren der Liga. Spricht dies für einen offensiven Spielstil, den du spielen lässt?
Definitiv. Wir versuchen auch immer wieder offensive Lösungen zu finden. Trotzdem sind wir gerade auch in unserem Offensivspiel noch nicht da, wo wir sein wollen – da sind wir kritisch genug. Wir haben Chancen liegengelassen und auch noch nicht die Frequenz an Chancen erspielt, die wir eigentlich pro Partie erspielen wollen. Dort wollen wir einen weiteren Step nach vorne machen. Es ist ein guter Wert, aber wir sehen da noch mehr Potenzial und das beschreibt unseren Arbeitsstil wahrscheinlich auch recht gut. Wir schauen auf unsere eigenen Schritte und gar nicht zu sehr nach rechts und links.

Was hat dir an der ersten Saisonhälfte an deinem Team gefallen und wo siehst du noch Verbesserungspotenzial?
Gefallen hat mir, wie wir die vielen Herausforderungen gemeistert haben. Wir hatten Bewegungen im Staff-Team, eine neue Struktur, vereinzelte neue Spielerinnen, viele Auswärtsspiele sowie nicht ideale Trainingsbedingungen aufgrund des Japankäfers. Hinzu kamen einige Verletzte, darunter auch unsere Captain Jana Vojtekova. So haben wir besonders zu Saisonbeginn immer wieder Punkte liegengelassen und auch gegen den FCZ im Joggeli verloren. Das Team ist aber durchwegs ruhig geblieben, hat sich ehrlich selbst hinterfragt, auch mal Klartext gesprochen und gut weitergearbeitet. Besonders deshalb hätte ich ihm eine allfällige Tabellenführung als Belohnung gegönnt. In den letzten Spielen konnten wir unsere Defensive stabilisieren. Dort wollen wir weiter dranbleiben, um noch weniger Gegentore zu kassieren. Luft nach oben sehen wir aber in noch fast allen Phasen unseres Spiels – besonders im letzten Drittel. Wir wollen torgefährlicher werden, ohne dabei unsere Defensive zu verlieren.

Du bist zum FCB gekommen, um nicht nur mit dem Fanionteam oben mitzuspielen, sondern auch, um bei der weiteren Professionalisierung der Frauenabteilung mitzuwirken. Wie zufrieden bist du mit den gemachten Schritten bei Rotblau – auf und neben dem Platz?
Im Staff-Team haben wir gute Schritte gemacht. Dort haben wir mit Lars Neugebauer einen Torwarttrainer in einem 100%-Pensum dazugewonnen. Zudem sind wir weiter dabei, auch den Physiobereich zu professionalisieren. Wir haben mit dem Platz 18 auch einen eigenen Trainingsplatz zu unserer Verfügung. Im Winter müssen wir da zwar noch ab und an auf den Kunstrasen ausweichen, aber wir sind zufrieden mit den bisher gemachten Schritten. Wir sehen, dass wir vorankommen, auch wenn wir noch geduldig sein müssen und nicht alles auf einmal haben können.

Die Cheftrainerin mit den in diesem Sommer neu zum Staff hinzugestossenen Laura Vetterlein (Assistenztrainerin) und Lars Neugebauer (Torwarttrainer).

Was ziehst du für ein persönliches Fazit des Jahres 2024?
Es war auf jeden Fall ein spannendes Jahr für mich. Für mich ging diesen Sommer meine erste Saison als Cheftrainerin bei einer Elitemannschaft zu Ende. Diese erste Saison hier hat mir Spass gemacht. Ich lebe und arbeite in einem Umfeld, das mir super gefällt. Ich fühle mich wohl und an der richtigen Stelle hier, wo ich in einem sehr guten Trainerteam tätig sein darf. Zudem finde ich den FCB einen grossartigen Club, der komplett zu mir passt. Der Umgang untereinander auf der Geschäftsstelle und die Menschen hier in Basel sind super. Die Stadt an sich konnte ich nun auch mehr und mehr kennenlernen und ich bin nicht weit weg von meiner Familie aus dem Stuttgarter Raum. Von dem her passt das Setting hier ideal. Meinen grossen Respekt zolle ich neben meinem Trainer- und erweiterten Staff-Team aber auch Theo Karapetsas, der einen riesigen Anteil an der positiven Entwicklung der FCB-Frauen hat. Ich empfinde eine grosse Wertschätzung für die maximale Unterstützung von allen und dass hier alle täglich für den Club ans Limit gehen.

Was dürfen wir von den FCB-Frauen 2025 erwarten?
Wir wollen weiterhin diesen Ehrgeiz zeigen, immer besser werden zu wollen. Wir haben grosse Ziele, wollen weiterkommen als letzte Saison und somit in die Finals einziehen – sowohl im Cup als auch in den Liga-Play-offs. Wir bleiben weiterhin kritisch mit uns selbst und arbeiten immer weiter. Als Einheit wollen wir alles aus uns raus holen.

Worauf freust du dich besonders im neuen Jahr?
Die Play-offs: Das ist schon eine besondere Situation. Bis dahin wollen wir uns eine bestmögliche Ausgangslage erspielen. Mit der Europa League ist ein weiterer Wettbewerb hinzugekommen, von dem du bereits mit einer guten Tabellenplatzierung profitieren kannst. Ich freue mich immer im Fussball, wenn abgerechnet wird und es um etwas geht. In den K.o.-Spielen müssen wir dann anwenden, was wir gelernt haben. Dann wird unsere Gewinnermentalität maximal geprüft – das liebe ich. Und es ist auch meine Aufgabe, die Mannschaft darauf vorzubereiten.

Die 34-jährige Deutsche hat in diesem Jahr ihren ursprünglich bis im Sommer 2025 gültigen Vertrag um zwei weitere Jahre bis 2027 verlängert.

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