Markus Nemayr, bis Ende 2021 warst du selbst Spieler – standest unter anderem für Duisburg, Essen, Vaduz, Luzern, Aarau und das Nachwuchsteam von Manchester United auf dem Platz. Wusstest du schon immer, dass du anschliessend eine Trainerkarriere anhängen möchtest?
Der Gedanke kam ein erstes Mal bei meiner Zeit als Spieler in Luzern unter Markus Babbel und Patrick Rahmen auf. Ich habe mich oft mit ihnen ausgetauscht und war schon als Spieler mit meiner Position im zentralen Mittelfeld ein Freigeist, der taktisch spielte und die freien Räume suchte. Als ich zum ersten Mal ein Team übernahm, kam dann die definitive Überzeugung, dass ich diesen Weg einschlagen möchte. Da ich merkte, dass meine Gedanken bei meinen Mannschaften ankommen.
Wie kam es zu deinem frühen Wechsel zu Manchester United und was für Erinnerungen hast du an die Zeit in England?
Ich war mit einer deutschen Nachwuchs-Nationalmannschaft an einem top-besetzten internationalen Turnier und bin dort aufgefallen. Danach hatte ich Anfragen aus ganz Europa – unter anderem auch von Chelsea und Barcelona. Aber für mich war Manchester United damals das Nonplusultra. Als mich dann Alex Ferguson als 15-Jähriger anrief, musste ich nicht lange überlegen. Ich habe sehr viel aus dieser Zeit mitgenommen, nicht nur für meine Entwicklung als Spieler, sondern auch im Umgang mit Menschen. Und dass man eine Spielphilosophie mit Werten vermittelt, das trage ich bis heute in mir drin. Es war eine der schönsten Zeiten in meinem Leben.
Würdest du deinen Spielern einen solchen Schritt empfehlen?
Man soll nie alle über einen Kamm scheren. Jeder ist anders, vielleicht wäre es für meine Entwicklung auch besser gewesen, wenn ich bei Eintracht Frankfurt geblieben wäre. Aber das ist ja eine hypothetische Frage. Man muss da Fall für Fall einzeln bewerten und kann nicht generalisieren.
Wie würdest du dich als Trainer beschreiben und was gefällt dir am meisten am Job an der Seitenlinie?
Ich bin ein energischer und authentischer Trainer, der sehr nah an den Spielern dran ist und versucht, ihnen das Bestmögliche mitzugeben. Ich habe ein gutes Gespür für Menschen, was auch der Schlüssel ist, um ein erfolgreicher Trainer zu sein und die Spieler in ihrer Entwicklung zu fördern. Mein Ansatz ist der, dass ich die verschiedenen Stärken der Spieler ins Mannschaftgefüge einzubringen versuche. Das hat mir als Spieler manchmal gefehlt. Oft haben Trainer einen taktischen Ansatz und versuchen den Spieler dafür passend zu machen. Aber es ist immer besser, wenn andere einen bewerten, als dass man das selber macht. Ich bin kein Trainer, der gerne bewertet, sondern einer, der entwickelt. Das Bewerten überlasse ich gerne den Aussenstehenden wie den Scouts oder den Journalisten.
Inwiefern hilft dir der Fakt, dass du selbst Fussballprofi warst, beim Trainerdasein?
Das hilft mir enorm, weil ich mich gut in die andere Seite versetzen kann und dadurch spüre, ob meine Botschaften ankommen. Ich habe die ganze Achterbahnfahrt erlebt; war ein Toptalent, dann in den 3. und 4. Ligen Deutschlands und schliesslich Profi in der höchsten Schweizer Liga. Ich nehme mich nicht wichtiger als die Mannschaft. Und die besteht in erster Linie aus den Spielern auf dem Platz. Wenn man das verstanden hat, legt man eine Denkweise an den Tag, die einen auf einen guten Weg bringt.
Wie zufrieden bist du mit dem vergangenen halben Jahr?
Zufrieden bin ich nie, weil Zufriedenheit Stillstand bedeutet. Und mit Stillstand hört man auf zu arbeiten, es gibt aber immer Verbesserungsmöglichkeiten. Wir hatten eine sehr hohe Intensität – gerade die Nationalspieler. Ich denke es tut den Jungs sicher auch gut, sich nun zu erholen und dann mit Vollgas in die zweite Saisonhälfte zu starten.
Was kannst du uns über den derzeit unter dir trainierenden Jahrgang sagen?
Es hat spannende Spieler darunter, verschiedene Typen. Ohne jetzt Namen zu nennen, gibt es sicher solche, die einmal interessant werden könnten für die erste Mannschaft. Aber das ist noch ein langer Weg und die Spieler sind in einer Phase mit vielen Herausforderungen und Veränderungen. Talent ist zudem nicht alles, Einsatz und Mentalität sind genauso wichtig. Und die Frage, wieviel man bereit ist, in sein Hobby zu investieren. Ich versuche das vorzuleben und muss daher diszipliniert vorausgehen. Wichtig ist es auch zwischendurch ein wenig herunterzufahren und dass der Spass nicht zu kurz kommt. Der Jahrgang ist meiner Meinung nach nicht besser oder schlechter als andere.
Für dich war das letzte Halbjahr sicherlich auch intensiv. Wie verbringst du die freien Tage über den Jahreswechsel?
Ich werde einen grossen Teil hier mit meiner Familie verbringen und mit meiner Frau und meinen Kindern ein paar Tage in die Berge zum Skifahren gehen. In erster Linie will ich die freie Zeit mit meinen Liebsten geniessen.
Wenn wir gerade bei den Themen fernab vom Fussball sind: Wer ist Markus Neumayr abseits des Fussballplatzes?
Viele wären vielleicht überrascht, dass ich abseits des Campus ein eher ruhiger Zeitgenosse bin. Ich verbringe sehr gerne einen Abend mit meiner Familie. Meine Frau hat aber einen sehr zeitintensiven Beruf, meine beiden Kinder sind neben der Schule auch sportlich sehr aktiv und ich habe mit dem Trainerdasein und dem Absolvieren der Diplome auch sehr viel zu tun, sodass neben Familie und Beruf nicht mehr viel Zeit für andere Dinge bleibt.