Trabzonspor ist mit Galatasaray das letzte türkische Profiteam, das im Einsatz stand. Am 6. Februar, als ein Erdbeben in der Türkei und in Syrien tausende von Todesopfern forderte, standen sich die beiden Teams gegenüber. Die Istanbuler gewannen die Partie mit 2:1 und seither ruht der Ball in der Türkei, da es zurzeit natürlich andere Prioritäten gibt, als sportliche Wettkämpfe durchzuführen.
Auch am kommenden Wochenende werden in der obersten türkischen Liga keine Spiele stattfinden. Keine Pause gibt es derweil aber in den UEFA-Wettbewerben. Trabzonspor ist das einzige türkische Team, das in den Play-offs der K.o.-Runde der UECL steht – weder in der Europa League noch in der Champions League ist die Türkei noch vertreten. Und somit ist die Begegnung zwischen Trabzonspor und dem FCB das einzige Fussballspiel auf höchstem Niveau, das in diesen Wochen in der Türkei über die Bühne geht.
Heiko Vogel teilte seine Gedanken zu diesem Gastspiel bereits im Anschluss an die Partie gegen den FC Sion mit der Öffentlichkeit: «Fussball ist in einem solchen Moment nebensächlich. Wir diskutieren über Resultate und spielen nun in einem Land, nur wenige hundert Kilometer entfernt von einem Ort, an dem zurzeit so viel Leid herrscht. Da fühlt man sich ein wenig ohnmächtig. Fussball ist für mich nicht nur Business, sondern manchmal eben auch weniger. Mein Mitgefühl gehört den Opfern dieser Tragödie. Ich finde es schwierig dort zu spielen, man kann auch sagen, es sei ein bisschen pietätslos.»
Trabzon zuhause ungeschlagen
Als Gast, der davon weniger betroffen ist als der Gastgeber, dessen Heimatstadt glücklicherweise verschont blieb, ist es sicherlich einfacher mit dieser Ausnahmesituation bei einem rund zweitägigen Aufenthalt umzugehen. Trotzdem ist es auch für Rotblau eine Begegnung unter speziellen Umständen. Und für beide Seiten sicher eine von grosser sportlicher Tragweite, geht es doch um den Einzug in die Runde der letzten 16 der Conference League. Kasim Adams Nuhu beschrieb seine Gefühlslage am Mittwochabend folgendermassen: «Es ist sehr schwierig, morgen in dieses Spiel zu gehen. Wir können nur im Ansatz mitfühlen, wie es den Spielern von Trabzon gehen muss. Für uns Spieler ist es auch nicht einfach. Worte zu finden ist schwierig. Wir müssen irgendwie in das Spiel gehen und einen Weg finden, diese Aufgabe anzugehen.»
Dabei steht dem FCB gerade mit dem Hinspiel eine sehr schwierige Aufgabe bevor. Zuhause ist der aktuelle türkische Meister nämlich noch ungeschlagen. Eine bessere Klassierung in der laufenden Meisterschaft (Rang 6) und ein Weiterkommen in der UEFA Europa League verspielte sich Trabzonspor in seinen Partien auf fremdem Terrain. Lediglich drei Liga-Siege und die Viertelfinalqualifikation für den nationalen Cup konnte Trabzonspor in dieser Spielzeit wettbewerbsübergreifend auswärts feiern.
Spieleinnahmen zugunsten der Erdbebenopfer
Beim letzten Gastspiel in Trabzon, vor gut zwei Jahren, trennten sich Trabzonspor und der FCB mit einem 2:2. Mit diesem Resultat könnte man beim FCB, der auf den gesperrten Dan Ndoye, die rekonvaleszenten Darian Males und Liam Millar sowie den verletzen Jean-Kévin Augustin verzichten muss, sicher gut leben. Nur waren die Umstände damals ganz andere. Einerseits natürlich sportlich, aber andererseits und vor allem rund um die Partie und das Gastgeberland.
Trabzonspor hat angekündigt die Einnahmen aus dem Spiel an Erdbebenopfer weiterzugeben und auch Spendenaktionen rund um diese Partie gestartet – auf Jubel soll zudem verzichtet werden. Auch der FCB will auf Jubelgesten verzichten, wie Heiko Vogel beim Vorschaugespräch am Mittwoch bestätigte: «Aus Zeichen der Solidarität und des Respekts werden wir bei einem allfälligen Tor von uns nicht jubeln. Da werden wir uns mit den Gastgebern solidarisieren, die das genauso halten werden.» Auch wenn sportlich sehr viel auf dem Spiel steht, verkommt das Resultat an diesem Abend vielleicht eben zur Nebensache.