Matías Emilio Delgado – der Fantasista, der Basel im Herzen trägt

Porträt
Mittwoch, 27.12.2023 // 12:00 Uhr

Als junger Springinsfeld spielte er für die U20 von River Plate in Buenos Aires und für die Argentinos Juniors, später für die Chacarita Juniors. Doch eines schönen Tages fühlte sich Matías Emilio Delgado bereit für Europa. Der ballsichere, dribbelstarke Offensivspieler ging aber nicht nach Spanien oder England. Er wechselte zum FC Basel 1893 – und avancierte hier zum grossen Star. Unterdessen ist er 41 Jahre alt und wohnt mit seiner Familie in Madrid.

Im vergangenen Herbst weilte Matías Emilio Delgado wieder einmal am Ort, wo er seine fussballerischen Träume verwirklichen konnte. Im Basler St. Jakob Park war ein Ehemaligen-Match angesagt, das grosse Abschiedsspiel zu Ehren von Valentin Stocker. Für Delgado war sofort klar: «Da sind wir mit dabei». Am Rande des fussballerischen Geschehens schilderte der berühmte Fantasista, wie es ihm heute geht: «Mir geht es ausgezeichnet. Ich wohne mit meiner Familie in Madrid. Und es ist bekannt, dass Madrid eine wunderschöne Stadt ist.»

Ein Spielmacher mit aussergewöhnlichem Ballgefühl: Matías Emilio Delgado.

Der Mann, der früher mit der Nummer 20 auf dem Rücken auflief, ist über sein jetziges Domizil und sein aktuelles Leben des Lobes voll. «Wir haben in der spanischen Hauptstadt wirklich alles, was wir wollen. Ich war unter anderem auch als Tourist unterwegs mit meiner Frau. Beispielsweise haben wir den Prado, das fantastische Museum, besucht. Francisco de Goya gefällt mir ausgezeichnet. Toll ist insbesondere, dass mein Tag jetzt nicht mehr von A bis Z verplant ist und dass ich mit der Familie viel unternehmen kann. Das geniesse ich unglaublich, denn früher hat das etwas gefehlt.»  

Startpunkt Argentinien

Bei der U20 von River Plate, bei den Rotweissen im Stadion El Monumental, und bei den Argentinos Juniors ist MED, wie er von der Basler Fangemeinde auch genannt wird, grossgeworden. Nach einem weiteren höchst erfolgreichen Engagement bei den Chacarita Juniors merkten die entscheidenden Personen in seinem Umfeld, dass sich dieser aussergewöhnliche Fussballer auch in Europa versuchen könnte. «Der Erstkontakt zum FC Basel kam via FCB-Chefscout Ruedi Zbinden, den israelischen Spielervermittler Mayngarten und meinen Vater Eduardo Emilio Delgado zustande», betont Delgado. «Mein Vater war selber Profi bei Central Rosario, San Lorenzo sowie Velez Sarsfield und sass auch bei späteren Transfers immer mit am Verhandlungstisch».

Überraschende Steilpässe, gerissene Spielverlagerungen, geniale Ballannahmen und blitzschnelle Körpertäuschungen gehörten zum fussballerischen Repertoire des argentinischen Publikumslieblings.

Ruedi Zbinden hatte Matías Emilio Delgado bei Partien der Chacarita Juniors höchstpersönlich beobachtet – und dies, obwohl ihm der ehemalige Sion-Spieler und spätere Coach Enzo Trossero davon abgeraten hatte. Laut Trossero galten Spiele der Chacarita Juniors damals als «gefährlich». Zbinden ging trotzdem dorthin, sogar zweimal. Vom fussballerischen Können Delgados war er felsenfest überzeugt. Für 1,4 Millionen Franken wechselte Matías Emilio Delgado schliesslich zu Basel in die Schweiz. Natürlich agierte er als junger Spieler anfänglich noch nicht jederzeit auf Top-Level. Er konnte seine Qualität nicht immer auf den Rasen bringen. Vom Cheftrainer Christian Gross wurde er wegen falschen Entscheidungen im Spiel nach vorne und mangelnder «Grinta» in der Defensivarbeit oft kritisiert. Aber er lernte dazu.   

Der Regista im offensiven Mittelfeld

Die Rolle der omnipräsenten Nummer 10, des Regisseurs, des Taktgebers im Offensivverbund, hat MED früh begeistert. «Klassische Spieler wie Juan Roman Riquelme, fehlen mir, solche Spieler, die wunderbare Pässe schlagen und die Zuschauer mit offenem Mund zurücklassen», bekräftigte er im Juli 2017 in einem Interview in der SonntagsZeitung. Er selber war auch so einer.

Für jeden Fan hat Matías Emilio Delgado ein Autogramm oder ein nettes Wort übrig, und geduldig lässt er Serien von Selfies über sich ergehen.

Nach dem Ende seiner Anlaufzeit in Basel haute dieser Centrocampista mit den langen Haaren als Ballverteiler seine spielverlagernden Diagonalpässe zentimetergenau von links nach rechts, von rechts nach links. Mit blitzschnellen Körpertäuschungen liess er reihenweise Gegner aussteigen. Steilpässe jagte er aus dem Fussgelenk hammerhaft und wohldosiert nach vorne. In unnachahmlicher Manier scannte er das Terrain und erkannte auch sämtliche Räume, die sich ihm und seinen Rotblauen auftaten. Im Fussball-Eldorado Argentinien war Pablo Aimar sein persönlicher Held. Delgado konnte dementsprechend dribbeln wie ein Tausendfüssler und dem Gegner Knoten in die Knie zaubern. Er war zudem in der Lage, Freistossbälle aus 16, 18, 20 Metern gut gezirkelt und dennoch wuchtig zu versenken.
Delgado, der sich im Lauf der Jahre sukzessive gesteigert hatte, hat in Basel den Fussball zur Kunst erklärt.

Delgado bejubelt mit Renato Steffen das erste Tor beim 3:0-Sieg im legendären Cupfinal 2017 gegen den FC Sion.

Ihm zuzuschauen ist ein Hochgenuss, damals wie heute. Diese raffinierten Tempowechsel, diese stupenden Körpertäuschungen, diese aus dem Nichts geborenen Spielverlagerungen, die einen nach wie vor mitreissen und begeistern – all das machte aus ihm einen Ausnahmespieler. Einer der in grossen Partien den Unterschied ausmachen kann. Delgado kam, Delgado sah, Delgado orchestrierte. Mit diesem Akteur verfügte der FCB über ein Plus, welches den anderen Clubs schwer zu schaffen machte. Bei allem Ruhm und Ehre ist Matías Emilio Delgado stets bescheiden geblieben. Für jeden Fan hat er ein Autogramm oder ein nettes Wort übrig, und geduldig lässt er Serien von Selfies über sich ergehen. Es liegt auf der Hand: Der Mann weiss, von wo er herkommt. Der Fussball ist für diesen ebenso sympathischen wie charismatischen Zeitgenossen nach wie vor das A und O. «Der Fussball hat mir viel gegeben», sinniert er, «und ich war immer mit Leib und Seele mit dabei.» 

Sechsmal Meister – zweimal Cupsieger

An die Stadt Basel und an sein Publikum im Joggeli hat Matías Emilio Delgado derart viele glückliche Erinnerungen, dass er gar nicht weiss, wo er anfangen und wo er aufhören soll mit berichten. Das beginnt bei den entscheidenden Spielen um die Schweizer Meisterschaft gegen YB, Zürich, Servette und Thun und geht weiter zu dramatischen Cupfights mit zumeist gutem Ende für die Rotblauen. Sechsmal Meister und zweimal Cupsieger wurde er mit den Bebbi – dazu einmal Torschützenkönig im UEFA-Pokal 2005/2006. Den kaum zu toppenden Höhepunkt markierte hier der denkwürdige Cupfinal gegen den FC Sion von 2017, als es den von Trainer Urs Fischer geführten Rotblauen als erstem Schweizer Team gelang, das bis zu dem Tag in Endspielen unbesiegte Sion in einem Cupfinal zu bezwingen. 3:0 lautete das Skore am Ende dieses sensationellen Nachmittags. «Un match plein, un score sans appel», kommentiert man dies auf Französisch (Ein absolut perfekter Match und ein Resultat, das nichts zu wünschen übrig lässt). Mehr noch: Matías Emilio Delgado hatte nach exzellenter Vorarbeit von Mohamed Elyounoussi und Seydou Doumbia ein sagenhaftes Traumtor zum 1:0 erzielt.

Bei seinem Abschied wurde Matías Delgado von seinem Teamkollegen auf den Händen aus dem Stadion getragen.

Zu seinen Teamkameraden in all den Jahren gehörten neben den bereits erwähnten FCBlern auch Pascal Zuberbühler, Yann Sommer, Tomas Vaclik, Murat Yakin, Daniel Majstorovic, Marek Suchy sowie David Abraham, Kléber, Patrick Müller, Scott Chipperfield, Mile Sterjovski, Birkir Bjarnason, Alex Frei, Marco Streller, Christian Gimenez, Julio Hernán Rossi, Mladen Petric und viele andere. Besonders speziell in Erinnerung geblieben sind dem hochbegabten Fussballer die unvergesslichen Fussballabende in den Saisons 2002 bis 2006 und 2013 bis 2017. Der FCB besiegte damals Teams mit klingenden Namen wie Chelsea, Valencia, Feyenoord, Monaco, Racing Strasbourg, Saint-Etienne, Middlesbrough und Werder Bremen. Ob Matías Emilio Delgado, wenn er auf der Zeitachse zurückgehen könnte, wirklich nochmals den Wechsel in die Türkei zu Besiktas Istanbul vollziehen würde, bleibt offen, wenngleich er beim Club vom Bosporus ebenfalls Meister und Cupsieger wurde. Tatsache ist, dass Delgado, wenn er auf seine schönsten Zeiten als Fussballer angesprochen wird, stets folgenden Satz ausspricht: «Der FCB ist immer in meinem Herzen.»


Steckbrief

Name: Delgado
Vorname: Matías Emilio
Geburtsdatum: 15. Dezember 1982
Nationalität: Argentinier/Italiener
Position: Mittelfeldspieler

Vereine:

Chacarita Juniors: 2000-2003
FC Basel 1893: 2003-2006
Besiktas: 2006-2010
al Jazira Club: 2010-2013
FC Basel 1893: 2013-2017

266 Spiele, 83 Tore für den FCB

Erfolge:

Sechsfacher Schweizer Meister: 2004, 2005, 2014, 2015, 2016, 2017
Zweifacher Schweizer Cupsieger: 2003, 2017
Spieler des Jahres in der Schweiz: 2005/06
Torschützenkönig im UEFA-Pokal 2005/06
Türkischer Meister: 2009
Zweifacher Türkischer Pokalsieger: 2007, 2009

Matías Emilio Delgados Leistungsdaten beim FCB: Hier klicken​


Bisher porträtierte Spieler

Pascal Zuberbühler (28. August 2014), Roland Paolucci (3. Oktober 2014), Christian Giménez (29. Dezember 2014), Martin Andermatt (12. Februar 2015), Nestor Subiat (18. März 2015), Erni Maissen (6. Mai 2015), Eigil Nielsen (16. Juli 2015), Maximilian Heidenreich (4. September 2015), André Sitek (13. November 2015), Papa Malick Ba (13. Januar 2016), Bruno Sutter (26. April 2016), Argemiro Veiga (24. Juni 2016), Carlo Porlezza (6. September 2016), Markus Tanner (10. November 2016) und Martin Jeitziner (14. Februar 2017), Attila Sahin (17.April 2017), Hervé Tum (21. Juni 2017), Arthur von Wartburg (7. September 2017), Scott Chipperfield (15. November 2017), Reto Baumgartner (11. Februar 2018), Walter Mundschin ( 29. März 2018), Thomas Hauser (3. Juni 2018), Stefan Huber (8. August 2018), Adrian Knup (13. Oktober 2018), Alex Nyarko (28. Dezember 2018), Helmut Hauser (28. März 2019), Peter Bernauer (9. Juni 2019),  Marco Zwyssig (21. August 2019) Lars Olsen (15. Oktober 2019), Ottmar Hitzfeld (16. November 2019), Thimotée Atouba (30. Januar 2020), Franco Costanzo (22. April 2020), Jörg Stohler (16. Juli 2020), Kurt Stettler (9. Oktober 2020), Mike Speidel (29. Dezember 2020), Örjan Berg (15. April 2021), Hakan Yakin (4. Juni 2021), Jean Müller (7. September), Mile Sterjovski (19. November 2021), Behrang Safari (20. Dezember 2021), Peter Marti (16. April 2022), Walter Geisser (6. Juni 2022), Beat Sutter (1. August 2022), René Hasler (27. September 2022), Sèbastien Barberis (7. Dezember 2022), Peter Nadig (31. Dezember 2022), Otto Demarmels (28. März 2023), Mario Frick (18. Juni 2023) Martin Mullis (20. September 2023) und Alfred Lüthi (22. November 2023).

Text: Lukas Müller

Fotos: Sacha Grossenbacher und Josef Zimmermann

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